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15.06.2009
 

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AUFSTAND IN TEHERAN

"Betet f�r uns!"

Aus Teheran berichtet Ulrike Putz

2. Teil: Die Sicherheitskr�fte agieren brutal, weil sie die Lage nicht mehr im Griff haben

Gesicherte Zahlen �ber Verletzte, �ber Tote gibt es nicht. Es d�rften Hunderte sein, die seit Ausbruch der Gewalt am Samstag verwundet wurden. In der hochmodernen Tagesklinik an der Vali-Asr-Stra�e gibt ein sichtlich eingesch�chterter Chefkrankenpfleger nur widerwillig Auskunft. Acht Verletzte h�tten sich allein in der vergangenen Stunde ins Hospital geschleppt, sagt er. Die �rzte arbeiteten in Doppelschichten, vor allem die Chirurgen seien im Dauereinsatz, um Br�che zu behandeln.

An den Glast�ren der Notaufnahme leuchten gr�ne Farbflecken: Immer wieder fl�chten sich Demonstranten in die Klinik, die Polizei versucht sie mit Farbe zu markieren, so dass der n�chste Schl�gertrupp sie als Feind erkennt. Ins Krankenhaus verfolgt habe die Garde die Menschen bislang nicht, sagt der Chefpfleger. Er l�gt, vermutlich aus Angst. Kurz zuvor hatten die Damen am Empfang berichtet, die Uniformierten h�tten ihre Opfer bis auf die Krankenhausflure verfolgt.

Irgendwann ger�t auch die Menschentraube, in der ich stehe, ins Visier der Gardisten. Mit hassverzerrten Gesichtern kommen sie kettenschwingend auf uns zu, drohen, uns mit ihren Crossbikes zu rammen. Rechts und links werden Fl�chtende niedergekn�ppelt. "Macht, dass Ihr wegkommt", schreien die M�nner auf Arabisch.

Nach Berichten des Senders "Voice of America" sollen bis zu 5000 libanesische K�mpfer der Hisbollah-Miliz dem Regime beim Showdown zur Hand gehen.

Wer die Szenen erlebt, die sich in Teheran abspielen, muss zu einem Schluss kommen: Die Sicherheitskr�fte sind auch deshalb so brutal, weil sie die Lage nicht mehr im Griff haben. Es wirkt, als h�tten sie gro�e Teile des Volkes gegen sich. Wer sich nicht auf die Stra�e traut, unterst�tzt den Protest mit praktischer Hilfe. Frauen reichen Wasserflaschen aus den H�usern, vor allem aber �ffnen sie Fl�chtenden die T�ren.

"Ich habe ein paar Demonstranten im Keller versteckt", ruft eine Frau vom Balkon herab. Sekunden sp�ter brauche auch ich einen Unterschlupf. Eine Einheit zu Fu� nimmt in einer Seitenstra�e die Verfolgung auf. Alles rennt, dann �ffnet sich eine Haust�r. "Schnell, schnell, rein mit Euch", sagt ein Mann, f�nf, sechs Menschen fl�chten sich in sein Apartment im Erdgeschoss. Sofort alle Lichter aus, in die Ecken hocken, weg von einem m�glichen Splitterregen. Jetzt blo� kein Mucks. "Sofort rauskommen", br�llen die M�nner drau�en. Irgendwo gehen Scheiben zu Bruch, Stiefel treten gegen T�ren. Sch�sse hallen, ob Farbpistolen oder Tr�nengas ist nicht auszumachen. Nur das graue Perserk�tzchen unserer Retter hat keine Angst: Es turnt �ber den Billardtisch, der mitten im Wohnzimmer steht.

TEHERAN: JAGD AUF DIE REBELLEN

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Es dauert bange zehn Minuten, dann ziehen die Gardisten weiter. Ein Gespr�ch im Fl�sterton kommt in Gang: Wie es der Zufall will, haben meine Gastgeber 15 Jahre lang in Frankfurt gelebt. "Schreib alles, was Du siehst. Schreib, dass die Menschen es satt haben", sagt Nadia. Sie ist sich sicher, dass der Aufstand Erfolg haben k�nnte, wenn er nur endlich besser organisiert w�re.

"Die Leute protestieren jetzt wegen Mussawi, aber sie wollen das ganze System wegschieben", sagt ihr Bruder A. J. �ber den Krieg vor seiner Haust�r. Beide geben nur ihre Spitznamen an, sie haben Angst, erkannt zu werden.

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Inzwischen ist ein Nachbar von einer Erkundungstour zur�ck. Er hat Scherben in der Hand. Es waren die Scheiben seines Autos, die die Gardisten eingeschlagen haben. Beim Haus gegen�ber wurde die T�r eingetreten.

Die Teheraner zahlen einen hohen Preis f�r ihre Solidarit�t. "Schei�leben", kommentiert A. J. die Unruhen. "Vor 15 Jahren sind wir nach Teheran zur�ckgekehrt, bis vor zwei, drei Tagen haben wir es nie bereut", sagt der 33-J�hrige. Jetzt k�nnten sie gleich nach Afghanistan gehen, zu den Taliban, witzelt er.

Am Montag um vier Uhr nachmittags soll der Versuch gemacht werden, den Protest in geordnete Bahnen zu lenken, Mussawis Leute haben zu einer zentralen Protestkundgebung aufgerufen. Nadia vermutet, dass es am Dienstag einen Generalstreik geben soll. Ihr Bruder wiegelt ab: Das werde alles nichts bringen. "Das geht noch ein paar Tage so weiter, dann wird scharf geschossen, und die Sache ist beendet", sagt er.

Nach einer Stunde ist es Zeit zu gehen. Der Abschied ist herzlich aber beklommen.

"Bete f�r uns", sagt Nadia. "Wir werden es brauchen."

HINTERGRUND: DIE ISLAMISCHE REPUBLIK IRAN

DPA
Die Islamische Republik Iran ist mit einer Fl�che von rund 1,7 Millionen Quadratkilometern f�nfmal so gro� wie Deutschland. Das Land besitzt nach Russland die zweitgr��ten Erdgasreserven der Welt, beim Erd�l steht Iran auf Platz drei und ist derzeit nach Saudi-Arabien der gr��te Produzent innerhalb der Opec.





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